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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 12 W 11/08
Rechtsgebiete: StVG, BGB, ZPO
Vorschriften:
StVG § 7 | |
StVG § 18 | |
BGB § 249 Abs. 1 | |
BGB § 253 Abs. 2 | |
BGB § 823 | |
BGB § 823 Abs. 1 | |
ZPO § 114 S. 1 | |
ZPO § 115 Abs. 3 | |
ZPO § 118 Abs. 2 S. 4 | |
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 S. 3 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
12 W 11/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Funder als Einzelrichter am 8. Mai 2008 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam vom 11. Februar 2008, Az.: 10 O 237/07, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er die Antragsgegnerin auf Schadensersatz, Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige weitere Schäden aus einem Unfall bei einem Go-Kart-Rennen in Anspruch nehmen will.
Am 26.09.2004 fand auf der Go-Kart- und Freizeitanlage in N... die offene Kart-Sachsenmeisterschaft 2004 statt, deren Veranstalter der Kartclub S... e. V. Ortsclub im ADAC war. An diesem Rennen nahmen der Antragsteller mit der Startnummer 2 und die Antragsgegnerin mit der Startnummer 74 teil. Bei dem Rennen kam es gegen 13:00 Uhr zu einem Unfall, dessen genauer Hergang zwischen den Parteien streitig ist und bei dem der Antragsteller mit seinem Go-Kart mit dem Go-Kart der Antragsgegnerin kollidierte und sich mit seinem Fahrzeug überschlug. Dabei erlitt der Antragsteller eine beidseitige Schlüsselbeinfraktur. Diese wurde zunächst konservativ behandelt. Der Antragsteller befand sich vom 12.10.2004 bis zum 02.11.2004 sowie vom 17.01.2005 bis zum 24.01.2005 in stationärer Behandlung, am 18.01.2005 erfolgte eine Operation der linken Schulter. Darüber hinaus traten bei dem Antragsteller nach dem Unfall rheumatische Fieberschübe auf, weswegen sich der Antragsteller in der Zeit vom 20.03.2005 bis zum 24.03.2005 in stationärer Behandlung im B...-N...-Institut für Tropenmedizin in H... befand. Nach den Feststellungen des von der Agentur für Arbeit beauftragten ärztlichen Gutachters Dr. H... kann der Antragsteller den beruflichen Anforderungen in seinem erlernten Beruf des Kfz-Lackierers nicht mehr gerecht werden. Seit dem 23.02.2007 absolviert der Antragsteller im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben der Bundesagentur für Arbeit eine Umschulung zum IT-Systemelektroniker.
Der Antragsteller macht mit der Klage materiellen Schadensersatz in Form von Fahrtkosten, Verdienstausfall bis einschließlich Mai 2007, Zuzahlungen zu Behandlungskosten sowie eine allgemeine Unkostenpauschale in Gesamthöhe von 15.714,73 € geltend; wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnungen in der Klageschrift (Bl. 6 GA) sowie in dem Schriftsatz vom 23.07.2007 (Bl. 171 ff GA) Bezug genommen. Ferner begehrt er den Ersatz zukünftig ihm entstehender Verdienstausfallschäden in Form einer monatlich zu zahlenden Rente, ein Schmerzensgeld, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichtes stellt, jedoch einen Betrag von 20.000,00 € für angemessen hält, die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige aus dem Schadensereignis vom 26.09.2004 resultierende materielle und immaterielle Schäden sowie Ersatz der ihm für die außergerichtliche Vertretung entstandenen Rechtsanwaltskosten.
Der Antragsteller behauptet, der Unfall sei allein durch die Antragsgegnerin verursacht worden. Sie sei in einer Rechtskurve von der Fahrbahn abgekommen und sodann, ohne auf die Fahrbahn zu achten, wieder rückwärts auf die Fahrbahn zurückgefahren, so dass der Antragsteller einen Zusammenstoß nicht mehr habe verhindern können. Er ist der Auffassung, dass Fahrverhalten der Antragsgegnerin sei als rücksichtslos anzusehen.
Die Antragsgegnerin behauptet, sie sei in der betreffenden Rechtskurve nicht die Ideallinie gefahren und kurz von der Fahrbahnseite abgekommen. Erst als sie wieder auf die Fahrbahnmitte eingefahren sei und aufgrund der verschmutzten Reifen ihre Geschwindigkeit habe reduzieren müssen, sei der Antragsteller mit seinem Kart aufgefahren. Der Antragsteller habe genügend Zeit gehabt, seine Geschwindigkeit zu verringern oder auszuweichen. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche bereits deshalb ausgeschlossen seien, weil - unstreitig - ein Regelverstoß weder von der Rennleitung noch durch das Schiedsgericht protokolliert worden ist.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss, auf dessen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Antragsteller verfüge über einen Pkw der Marke BMW 318 d mit einem Verkehrswert von 14.000,00 €, den er als Vermögen einzusetzen habe. Ungeachtet dessen seien die Darlegungen zur wirtschaftlichen Bedürftigkeit unvollständig. Dem monatlichen Nettoeinkommen von 709,20 € stünden monatliche Auslagen in Höhe von 645,18 € gegenüber, so dass dem Antragsteller nur noch ein Betrag von 64,02 € im Monat zur Lebensführung verbleibe. Wovon und mit welchen Mitteln die Lebensführung bestritten werde, erschließe sich nicht. Darüber hinaus läge eine hinreichende Erfolgsaussicht des Antrages nicht vor. Dem Antragsteller stünden weder Ansprüche aus Gefährdungshaftung aus §§ 7, 18 StVG noch auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gem. §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB zu. Eine Haftung der Antragsgegnerin gem. § 823 BGB wegen eines fahrlässigen Verhaltens scheiterte daran, dass ein dem Verschuldensgrad entsprechender Verstoß gegen die erforderliche Sorgfalt nicht festgestellt werden könne. Einen Verstoß gegen das DMSB-Kart-Reglement oder eine zumindest fahrlässige Verletzungshandlung sei nicht festzustellen. Die Rennleitung sei nach dem Unfallbericht des Schiedsgerichtes nicht von einem Verstoß gegen das DMSB-Kart-Reglement ausgegangen. Wertungs- oder Sportstrafen gegen die Antragsgegnerin seien nicht verhängt worden. Ein die Haftung der Antragsgegnerin begründender grober Fahrfehler ergebe sich auch nicht aus der Behauptung des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe sich verbremst und sei danach vom Sand wieder auf den Fahrbahnbereich gefahren. Unter Berücksichtigung der besonderen Gefahrensituation im Rennsportbereich könne der Sorgfalts- und Fahrlässigkeitsmaßstab des allgemeinen Straßenverkehrs keine Anwendung finden. Eine Haftung des Teilnehmers an gefahrenträchtigen sportlichen Wettkämpfen komme nur bei Vorliegen eines gewichtigen Regelverstoßes in Betracht. Das Abkommen von der Idealspur und das nachfolgende Wiederauffahren verwirklichten ein typisches Risiko der Fahrveranstaltung. Auch der Höhe nach rechtfertigten die Verletzungsfolgen des Antragstellers nicht den mit 20.000,00 € bezifferten Schmerzensgeldanspruch.
Gegen den ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 15.02.2008 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 26.02.2008 per Telefax beim Landgericht Potsdam eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er wiederholt seine Auffassung, dass die Antragsgegnerin durch ihre rücksichtslose Fahrweise den Unfall schuldhaft verursacht habe und deshalb schadensersatzpflichtig sei. Das Landgericht sei unzutreffend ohne Durchführung einer "Zeugenaufnahme" davon ausgegangen, dass ein fahrlässiges Verhalten der Antragsgegnerin nicht vorliege. Dies bedürfe einer umfassenden Prüfung und Würdigung im Klageverfahren und könne nicht bereits im PKH-Verfahren vorweggenommen werden.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 03.03.2008 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gem. den §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht innerhalb der Notfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Das Landgericht hat die beantragte Prozesskostenhilfe zu Recht versagt. Nach § 114 S. 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Streitfall kann bereits die Bedürftigkeit des Antragstellers anhand seiner Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht hinreichend sicher festgestellt werden.
Es kann dahinstehen, ob es dem Kläger zumutbar ist, zur Finanzierung der Prozesskosten den vorhandenen BMW 318 d zu veräußern und sich ein kleineres Ersatzfahrzeug anzuschaffen, woran im Streitfall deshalb Bedenken bestehen, weil es sich ausweislich des bei den PKH-Unterlagen befindlichen Schreibens der BMW Bank GmbH vom 16.10.2006 um ein fremdfinanziertes Fahrzeug handelt, so dass davon auszugehen ist, dass das Fahrzeug zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruches im Eigentum der Bank verblieben ist und daher kein vollwertiges, bei dem Einsatz gem. § 115 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigendes Vermögen darstellt und zudem bei einer Veräußerung des Pkw aus dem Erlös zunächst der dann noch offen stehende Darlehensrückzahlungsanspruch der Bank zu befriedigen wäre, so dass offen bleibt, ob nach Rückzahlung des Darlehens und Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges, auf das der Antragsteller für die Durchführung der Umschulungsmaßnahme angewiesen ist, ein über das Schonvermögen von 2.600,00 € hinausgehender Betrag verbliebe, den der Antragsteller für die Aufbringung der Prozesskosten einsetzen könnte. Der Antragsteller hat seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft gemacht, da sich aus seinen Angaben ergibt, dass diese erkennbar unvollständig sind. Wie bereits das Landgericht in seinem angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, ist nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln der Antragsteller seinen Lebensunterhalt bestreitet, wenn er einerseits nur über ein Nettoeinkommen von 709,20 € verfügt, er andererseits nach seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse monatliche Ausgaben für Miete, Versicherungen sowie die Rückzahlung des für die Anschaffung des Pkw abgeschlossenen Darlehensvertrages in Höhe von 647,18 € geltend macht, so dass ihm danach für die Lebensführung lediglich 62,02 € monatlich bleiben würden. Dass der Antragsteller von einem Betrag von 62,02 € monatlich seinen Lebensunterhalt bestreitet, ist lebensfremd und daher nicht glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller noch über weitere Einnahmen verfügt, die er in seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht angegeben hat. Da eine Bedürftigkeit des Antragstellers somit nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist, kommt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bereits aus diesem Grunde nicht in Betracht.
Zwar hat das Landgericht - aus seiner Sicht folgerichtig, da es darüber hinaus auch die hinreichende Erfolgsaussicht verneint hat - den Antragsteller entgegen § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht unter Fristsetzung zur Erläuterung seiner Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert. Dies vermag jedoch eine andere Sichtweise nicht zu rechtfertigen. Obwohl das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Versagung der Prozesskostenhilfebewilligung ausdrücklich auch auf die mangelnde Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gestützt hat, ist der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung mit keinem Wort darauf eingegangen, sondern hat lediglich pauschal vorgetragen, er sei aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Kosten des Verfahrens aufzubringen. Eine Auseinandersetzung mit den Beschlussgründen, insbesondere hinsichtlich der vom Landgericht angesprochenen Differenz zwischen den angegebenen Einnahmen und den Ausgaben, ist nicht erfolgt, auch nicht nachdem die Antragsgegnerin in ihrer im Beschwerdeverfahren getätigten Stellungnahme mit Schriftsatz vom 26.03.2008 nochmals ausdrücklich auf diesen Punkt hingewiesen hat. Aus diesem Grunde war auch die Einräumung einer weiteren Stellungnahmefrist durch den Senat nicht geboten.
Fehlt es bereits an der hinreichenden Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, bedarf es einer Entscheidung über die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage nicht mehr. Es kann daher auch offen bleiben, ob im Streitfall im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 29.01.2008 (VI ZR 98/07, VersR 2008, 540) im Falle des Bestehens einer Privathaftpflichtversicherung der Eltern der zum Unfallzeitpunkt noch minderjährigen Antragsgegnerin, die ggf. im vorliegenden Fall eintrittspflichtig wäre, die Sach- und Rechtslage anders zu beurteilen wäre.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Antragsteller hat gem. § 22 GKG i.V.m. Nr. 1812 des KV (Anlage zu § 3 GKG) die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens zu tragen, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufnahme in den Beschlusstenor bedarf. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Im Verfahren über die Prozesskostenhilfe kann die Rechtsbeschwerde nur wegen Verfahrensfragen oder Fragen über die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe zugelassen werden (vgl. BGH NJW 2003, 1126). Derartige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind im Streitfall nicht zu entscheiden.
Ende der Entscheidung
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